Prüfaufträge aus der Mitwirkung
Nach der öffentlichen Mitwirkung zum Projekt im Jahr 2023 hat der Lenkungsausschuss sechs Prüfaufträge erteilt, um die relevanten Kritikpunkte und Vorschläge aus der Bevölkerung sowie von Verbänden und Parteien zu klären. Alle Ergebnisse dieser Überprüfungen, die zu einer Verbesserung des Projekts führen, fliessen in die fünfte Projektergänzung ein.
Anschliessend erhalten die Gemeinde sowie die Fachstellen von Kanton und Bund das ergänzte Projekt zur Vernehmlassung. Danach wird das Projekt mit einer Botschaft dem Kantonsrat überwiesen. Mit der öffentlichen Auflage des Gesamtprojekts ist frühestens 2026 zu rechnen.
Prüfauftrag 1: Alternativvariante
Ende 2023 forderte eine Interpellation im Kantonsrat St.Gallen, eine Alternativvariante zum Projekt Thursanierung innerhalb der heutigen Allee zu erarbeiten. Sie sollte einen ebenso ausreichenden Hochwasserschutz gewährleisten, aber weniger angrenzende Flächen beanspruchen. Diese Forderung ist in ähnlicher Form auch im Rahmen der Mitwirkung eingegangen. Der Lenkungsausschuss des Projekts hat daraufhin den Auftrag erteilt, eine entsprechende Alternativvariante zu prüfen.
Ausführlicher Prüfbericht "Alternativvariante" (PDF, 7.7 MB)
Zusammenfassendes Faktenblatt zum Prüfauftrag 1: "Alternativvariante" (PDF, 2.7 MB)
Vergleich des Projekts mit der Alternativvariante
Projekt Thursanierung Wattwil (Stand 2019): Ufer mit Steinschutz
Das Projekt 2019 sieht im Siedlungsgebiet beidseitig steile Ufer vor, die mit Steinen gesichert und begrünt werden. Dadurch entstehen entlang der Ufer gut vernetzte Lebensräume für Tiere und Pflanzen, was den Vorgaben für eine naturnahe Gestaltung entspricht.
Die Verbreiterung der Flusssohle hat zur Folge, dass die Allee und die Thurwege nach aussen verschoben werden müssen. Wie der Prüfauftrag 2 «Erhalt der Allee-Bäume» zeigt, könnte rund ein Drittel der Allee-Bäume an seinem heutigen Standort stehen bleiben. Ein weiteres Drittel könnte verpflanzt werden. Das restliche Drittel kann nicht verschoben werden. Diese Bäume werden voraussichtlich durch Jungbäume ersetzt.
Für die Verbreiterung der Thursohle auf 30 Meter und die Verschiebung der Thurwege muss auf beiden Flussseiten Land der angrenzenden Privatgrundstücke beansprucht werden.
Geprüfte Alternativvariante: Ufer mit Mauern
In der Interpellation wird gefordert, ein alternatives Projekt zu entwickeln, das die Ziele des Hochwasserschutzes ebenfalls erfüllt, aber innerhalb der heutigen Allee umgesetzt werden kann. Mit dieser redimensionierten Variante sollen der Landbedarf und die Projektkosten reduziert werden.
Die Überprüfung dieser Variante zeigt, dass sie gegenüber dem Projekt 2019 entscheidende Nachteile aufweist:
- Um den notwendigen Hochwasserschutz zu erreichen, muss auch bei der Alternativvariante die Sohle auf 30 Meter verbreitert werden. Zum Schutz der Alleebäume wird im Wurzelbereich kein Boden ab- oder aufgetragen. Weil die Allee nicht verschoben werden kann, fallen die beidseitigen Ufer schmäler aus als im Projekt 2019. Sie müssen mit durchgängigen, rund 3 Meter hohen Mauern gegen Erosion gesichert werden.
- Die Abflusskapazität ist in der Alternativvariante kleiner als im Projekt 2019. Deshalb liegt der Hochwasserspiegel hier rund 40 cm höher. Um das gleiche Schutzziel zu erreichen, müssen die beidseitigen Dämme um zusätzlich rund 40 cm erhöht werden (roter Pfeil in Grafik).
- Für die Erhöhung der Dämme müssen diese verbreitert werden. Deshalb muss auch in der Alternativvariante auf beiden Flussseiten angrenzendes Land beansprucht werden.
- Die Mauern und allfällig notwendige Absturzsicherungen (Zaun in Grafik) unterbinden die Vernetzung der Lebensräume für Tiere und entsprechen nicht den Vorgaben für eine naturnahe Gestaltung.
Die Ergebnisse im Detail
Expertinnen und Experten für Gewässerbau haben eine Alternativvariante zum Projekt 2019 erarbeitet, mit der die Ziele des Hochwasserschutzes innerhalb der heutige Allee erreicht werden. In dieser Variante müssen beide Ufer, die aufgrund der Verbreitung der Flusssohle schmaler würden, mit durchgängigen, 3 Meter hohen Mauern vor Erosion geschützt werden.
Die Alternativvariante hat gegenüber dem Projekt 2019 zahlreiche Nachteile:
Hochwasserschutz mit Defizit
Die Alternativvariante hat eine geringere Abflusskapazität als das Projekt. Darum liegt ihr Hochwasserspiegel rund 40 cm höher. Entsprechend müssen die Dämme höher werden. Im Überlastfall verhindern die Dämme den Rückfluss des Wassers, was zu grösseren Überschwemmungsflächen führt. Bei der denkmalgeschützten Postbrücke, deren Wasserdurchlass nicht vergrössert werden kann, werden die Ziele der Hochwassersicherheit nicht erreicht.
Fehlende ökologische Vernetzung
In der Alternativvariante kann die Allee vollständig erhalten bleiben. Die hohen Mauern stellen jedoch ein grosses Hindernis für Kleinsäuger, Amphibien und Reptilien dar und verhindern vernetzte Lebensräume entlang des Gewässers. Die Vorgaben für eine naturnahe Gestaltung werden nicht erfüllt.
Landbedarf nicht wesentlich kleiner
Der Landbedarf ist bei der Alternativvariante nicht wesentlich geringer als im Projekt, weil die Dämme höher und damit auch breiter ausfallen müssen. Insgesamt werden lediglich 2‘800 Quadratmeter weniger Land der angrenzenden Flächen beansprucht. Gleichmässig verteilt entspricht dies einem Streifen von 70 cm Breite pro Uferseite, der eingespart wird.
Der Landbedarf beider Varianten liegt innerhalb der Grünzone entlang der Thur, die im Zonenplan der Gemeinde Wattwil zur langfristigen Sicherung des Thurraums ausgeschieden wurde. Die heutigen Nutzungsmöglichkeiten der betroffenen Grundstücke werden mit beiden Varianten nicht wesentlich eingeschränkt.
In der Alternativvariante ist auch zu bedenken, dass die höher liegenden Wege auf den Dämmen die Privatsphäre der angrenzenden Grundstücke beeinträchtigen können.
Deutlich teurere Alternative
Die beiden Ufernmauern von 2.4 km Länge und 3 m Höhe sind wesentlich teurer als die im Projekt 2019 vorgesehenen Uferböschungen, die mit Blocksteinen gesichert werden. Für die Sanierung des Bauwerks müsste wesentlich mehr Steuergeld investiert werden.
Fazit des Prüfauftrags
Die Alternativvariante weist gegenüber dem Projekt 2019 entscheidende Nachteile hinsichtlich Hochwasserschutz, Kosten, Ökologie, Naherholung und Landschaftsbild auf. Der Landbedarf wird zudem nicht wesentlich geringer.
Die Regierung des Kantons St.Gallen erachtet den etwas grösseren Landbedarf des Projekts 2019 gegenüber der Alternativvariante im Grundsatz als vertretbar und verhältnismässig.
Prüfauftrag 2: Erhalt von Allee-Bäumen
In der Mitwirkung zum Projekt Thursanierung Wattwil im Sommer 2023 haben viele Teilnehmende gefordert, die Allee zu erhalten. Deshalb hat der Lenkungsausschuss des Projekts den Auftrag erteilt, Massnahmen zum Erhalt möglichst vieler Allee-Bäume zu prüfen.
Ausführlicher Prüfbericht "Erhalt von Allee-Bäumen" (PDF, 14.2 MB)
Zusammenfassendes Faktenblatt zum Prüfauftrag 2: "Erhalt von Allee-Bäumen" (PDF, 2.4 MB)
Wie können möglichst viele Allee-Bäume erhalten werden?
Damit sich die Flusssohle nicht weiter absenkt und die Ufer nicht mehr erodieren, muss die Sohle im Zentrumsbereich auf 30 Meter verbreitert werden. Damit erhält die Thur auch genügend Raum, um ein grosses Hochwasser sicher abführen zu können. Für die Verbreiterung der Flusssohle muss die Allee beidseitig nach aussen verschoben werden. Deshalb ist im Projekt vorgesehen, die Allee-Bäume teilweise zu ersetzen.
Im Rahmen des Prüfauftrags haben Expertinnen und Experten für Gewässerbau und Baumschutz alle 449 Bäume der Allee bezüglich Grösse, Standort und Gesundheit beurteilt. Zudem wurden bauliche Möglichkeiten geprüft, um möglichst viele Bäume zu erhalten. Das Resultat:
Ein Drittel der Bäume könnten an ihrem heutigen Standort bleiben
Dank lokaler Projektanpassungen können zahlreiche Bäume stehen bleiben. So kann zum Beispiel stellenweise die Uferböschung umgestaltet werden, ohne dass die Stabilität der Flusssohle und Ufer oder die Hochwassersicherheit beeinträchtigt werden.
Ein Drittel der Bäume könnten verpflanzt werden
Kleinere Bäume können händisch verpflanzt werden, grössere mit Rundspatenmaschinen. Für besonders grosse Bäume sind Spezialverfahren notwendig. Ob eine Verpflanzung in jedem Fall umsetzbar ist, hängt aber vom Zustand des Baums zum Zeitpunkt der Bauarbeiten ab.
Ein Drittel der Bäume müssen ersetzt werden
Bäume, die aufgrund ihrer Gesundheit oder Lage nicht erhalten und verpflanzt werden können, müssen voraussichtlich durch Jungbäume ersetzt werden. Unabhängig vom Projekt Thursanierung werden jedes Jahr durchschnittlich acht Allee-Bäume aus Gesundheits- oder Sicherheitsgründen ersetzt.
So wurde der Erhalt von Bäumen geprüft
Für die Prüfung, ob und wie die 449 Allee-Bäume erhalten werden können, wurden folgende Beurteilungen und Abklärungen vorgenommen:
Aktualisierung des Baumkatasters
In den Jahren 2016 bis 2017 wurden im Rahmen der Projekterarbeitung Alter, Stabilität und Lebensraum aller Allee-Bäume erfasst. Der damit entstandene Baumkataster wurde im vorliegenden Prüfauftrag aktualisiert.
Von den 449 Bäumen werden 100 als ökologisch wertvoll beurteilt. Auf den Bäumen konnten aber keine gefährdeten Tier- und Pflanzenarten nachgewiesen werden. Mit Blick auf ihr Alter ist die Allee in einer Reifephase. In den letzten acht Jahren wurden jährlich durchschnittlich acht Bäume ersetzt. In den nächsten rund 50 Jahren werden voraussichtlich alle Bäume der Allee sukzessive erneuert. Damit erhalten die Bäume mehr Platz. Zudem besteht die Möglichkeit, Baumarten einzubringen, welche die Klimaerwärmung besser vertragen.
Prüfung lokaler Projektanpassungen
Für alle Bäume wurde geprüft, ob sie mit Projektanpassungen an ihrem heutigen Standort erhalten werden können. Voraussetzung für diese Anpassungen ist, dass sie zu keiner Anhebung des Hochwasserspiegels führen und nicht zusätzlich Land beanspruchen. So ist es beispielsweise möglich, die Uferböschung stellenweise steiler umzusetzen, als im Projekt vorgesehen.
Zu beachten ist, dass sich der Zustand heute gesunder Bäume bis zum Beginn der Thursanierung so verschlechtern kann, dass ein Erhalt nicht mehr möglich ist.
Prüfung von Verpflanzungen
Für Bäume, die nicht an ihrem heutigen Standort bleiben können, aber stabil und gesund sind, wurde die Möglichkeit einer Verpflanzung geprüft. Dazu wurden im April 2024 Wurzelsondagen durchgeführt, um die Ausdehnung der Wurzeln zu ermitteln. Bei Jungbäumen kann eine Verpflanzung von Hand und mit leichtem Gerät umgesetzt werden. Grössere Bäume werden mit sogenannten Rundspatenmaschinen verpflanzt (siehe Foto). Besonders grosse Bäume können nur mit Spezialverfahren verschoben werden. Wie diese Verfahren an der Thur umgesetzt werden können, wird Ende 2024 in Versuchen getestet.
Prüfung ökologischer Auflagen
Bäume, die aus gesundheitlichen oder baulichen Gründen nicht erhalten werden können, müssen voraussichtlich durch Jungbäume ersetzt werden. Um dabei den ökologischen Wert der Allee soweit wie möglich zu erhalten, wurden Auflagen für den Ersatz der ökologisch besonders wertvollen Bäume definiert: Die neuen Bäume müssen einen entsprechenden ökologischen Wert aufweisen. Die Stämme der bisherigen Bäume werden wenn möglich als Totholz in den Flussraum integriert.
Ermittlung der Kosten
Im Rahmen des Prüfauftrags wurden die Kosten ermittelt, die für eine Beurteilung der Verhältnismässigkeit von Erhaltungsmassnahmen herangezogen werden müssen. Die beschriebenen Massnahmen zur Verschiebung von Allee-Bäumen generieren gegenüber dem Projekt 2019 geschätzte Mehrkosten von 1.3 Millionen Franken. Basierend auf Gerichtsurteilen und Expertenerfahrung wird der Wert der Bäume als Natur- und Kulturobjekte auf rund 7 Millionen Franken geschätzt.
Fazit des Prüfauftrags
Rund zwei Drittel der Allee-Bäume könnten an ihrem heutigen Standort erhalten oder verpflanzt werden. Ein Drittel muss voraussichtlich mit Jungbäumen ersetzt werden.
Prüfauftrag 3: Auswirkungen auf Klima und Wassertemperatur
Im Rahmen der Mitwirkung zum Projekt Thursanierung Wattwil im Sommer 2023 wurde die Befürchtung eingebracht, dass die Verbreiterung der Flusssohle und die Bildung von Kiesbänken zu einer übermässigen Erwärmung des Wassers führt und die Klimaerwärmung fördert. Deshalb hat der Lenkungsausschuss des Projekts den Auftrag erteilt, die Auswirkungen auf Klima und Wassertemperatur zu prüfen.
Ausführlicher Prüfbericht "Auswirkungen auf Klima und Wassertemperatur" (PDF, 2.9 MB)
Nach der Thur-Verbreiterung bilden sich mehr Kiesbänke
Seit der Thurkorrektion (1907 bis 1914) fliesst die Thur in Wattwil in einem engen Kanal (zwischen 18 und 26 Meter breit). In ihrer natürlichen Form wäre die Thur viel breiter. Weil das Gerinne zu schmal ist, erodiert die Flusssohle kontinuierlich. Der Uferschutz wird dadurch unterspült und zerfällt. Zudem ist das Flussprofil zu schmal, um ein grosses Hochwasser sicher abführen zu können.
Mit dem Projekt Thursanierung (Stand 2019) wird die Flusssohle wieder verbreitert. In den Bereichen Rickenbach und Schomatten ist eine stärkere Aufweitung vorgesehen (auf über 40 Meter). Dort werden bei mittlerem und tiefem Wasserstand grössere Kiesbänke sichtbar. Im Zentrumsbereich wird das Flussbett auf 30 Meter verbreitert. Kiesbänke werden dort nur bei tiefem Wasserstand erscheinen.Im Rahmen des Prüfauftrags wurde untersucht, wie sich die Thur-Verbreiterung und die Kiesbänke auf das lokale Klima und die Wassertemperatur auswirken. Dabei wurde auch die fortschreitende Klimaerwärmung als wichtiger Faktor mitberücksichtigt.
Vertiefte Überprüfung: Hat das Projekt negative Auswirkungen auf das lokale Klima und die Wassertemperatur?
Der Vergleich der heutigen Situation mit dem Projekt 2019 zeigt, dass die vorgesehene naturnahe Flussgestaltung die klimatischen Bedingungen für Tiere und Pflanzen im und am Wasser deutlich verbessern wird – insbesondere an heissen Tagen. Denn sie führt zu vielfältigen Mikro-Klimazonen und Lebensräumen. Auch das Klima im Siedlungsgebiet wird durch das Projekt eher positiv beeinflusst.
1.Tiefe Wasserbereiche
Im verbreiterten Flussbett entstehen eine Niedrigwasser-Rinne und tiefe Stellen (Kolke), in denen sich das Wasser weniger schnell erwärmt. An heissen Tagen bilden sie einen wertvollen Rückszugsort für Fische und halten die Thur auch bei tiefem Wasserstand für die Fische durchgängig. Mit den Kiesbänken wird zudem Lebensraum für eine spezialisierte Fauna und Flora zurückgewonnen.
2. Bessere Vernetzung mit Seitenbächen
Die Seitenbäche werden wieder sohlenbündig mit der Thur verbunden. Bei Hochwasser sind die Seitenbäche wichtige Rückzugsorte für Fische. Bei tiefem Wasserstand bieten die Mündungsbereiche tiefen Stellen mit kühlen Refugien.
3. Besserer Austausch mit Grundwasser
Mit der Thursanierung wird die Durchlässigkeit der Flusssohle erhöht, insbesondere im Bereich des Böschungsfusses. Dadurch wird der Austausch zwischen kaltem Grundwasser und warmen Thurwasser verbessert.
4. Mehr Schatten
An den Ufern der Flussabschnitte Rickenhof und Schomatten wird viel Gehölz wachsen, was zu einer deutlich besseren Beschattung führt. Im Zentrumsabschnitt, wo die Thur weniger stark verbreitert wird, muss der untere Uferbereich zur Sicherstellung des Hochwasserschutzes weitgehend gehölzfrei bleiben. Aber auch dort wird dank einer dichten Bepflanzung im oberen Uferbereich die Beschattung verbessert.
5. Geringe Auswirkung der Kiesbänke
Über den Kiesbänken der Flussabschnitte Rickenhof und Schomatten wird es bei starker Sonnenstrahlung und Windstille voraussichtlich zu einem messbaren Temperaturanstieg kommen. Im Zentrumsbereich werden die Kiesbänke weniger stark zunehmen, weshalb der Temperatureffekt geringer ist. Dank der dichteren Bepflanzung an den Ufern werden sich aber gleichzeitig kühlende klimatische Prozesse einstellen. Alles in allem wird das lokale Klima deshalb eher positiv beeinflusst.
Das Ergebnis im Detail
Mit der Thursanierung werden verschiedene Elemente im Flussraum verändert, die sich auf das lokale Klima und die Wassertemperatur auswirken. Experten und Expertinnen für Gewässerbau und Gewässerbiologie haben die zahlreichen Aspekte hinsichtlich dieser Wirkungen beurteilt. Das sind die relevanten Ergebnisse:
Keine negativen Auswirkungen auf das lokale Klima
Die sich bildenden Kiesbänke strahlen an sonnigen Tagen Wärme ab. Gleichzeitig wird aber die dichtere Uferbepflanzung stärker abkühlen als heute. Im besiedelten Zentrumsabschnitt der Thur werden die Kiesbänke keine zusätzliche Erwärmung gegenüber heute bewirken. Dort wird die Temperatur an heissen Tagen vor allem durch die Wärmeabstrahlung der Gebäude und versiegelten Flächen entlang der Thur beeinflusst.
Bessere klimatische Bedingungen für Tiere im Wasser
Im flachen Flussbett der heutigen kanalisierten Thur heizt sich das Wasser an heissen Tagen schnell auf. Mit der Sanierung wird das Flussbett breiter und naturnaher gestaltet. Es entstehen Niedrigwasserrinnen und Mulden, in denen sich bei Hitze kühles Wasser sammelt. Sie halten die Thur auch bei tiefem Wasserstand für Fische durchgängig. Die Mündungen der kühlen Seitenbäche werden aufgewertet, so dass auch dort kühle Zonen entstehen. Zudem wird der Austausch zwischen kaltem Grundwasser und Flusswasser verbessert.
Bessere Voraussetzungen für die Herausforderungen des Klimawandels
Die Klimaerwärmung stellt die Thur schon heute vor grosse Herausforderungen. Im Hinblick auf zunehmende Hitzeperioden und Niederschlagsextreme mit Hochwasser kann die heutige Thur den Tieren immer weniger Schutz bieten. Das Projekt verbessert die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel. Die Tiere in und an der Thur finden auch in extremen Wetterphasen mehr Überlebensrefugien wie Niederwasser-Rinnen, schützendes Gehölz oder vernetzte Wanderkorridore.
Bessere klimatische Bedingungen am Ufer
Mit der Thursanierung werden die Thurufer wesentlich dichter
bepflanzt als heute, was die beschatteten Flächen vergrössert. Dies führt bereits mittelfristig zu einem besseren Mikroklima und höherer Artendiversität. Im Zentrumsabschnitt der Thur kann die Bepflanzung wegen des geringen Abflussprofils nicht so dicht ausfallen wie ausserhalb der Siedlung. Aber auch hier wird dank hohen Gebüschen im oberen Uferbereich eine Abkühlung erreicht.
Fazit des Prüfauftrags
Das lokale Klima wird durch das Projekt eher positiv beeinflusst. Für Menschen, Tiere und Pflanzen im und am Wasser verbessern sich die klimatischen Bedingungen sogar deutlich.
Das weitere Vorgehen
Das Bundesamt für Umwelt unterstützt das Sanierungsprojekt, weil es ökologisch fundierte Kriterien erfüllt, die in Zeiten des Klimawandels zum Prozess-, Lebensraum- und Artenschutz beitragen. Der Bund hat in seiner Stellungnahme zum Projekt gefordert, eine dichtere Bestockung der Ufer zu prüfen. Diese Forderung wird in der fünften Projektergänzung berücksichtigt. Anschliessend erhalten die Gemeinde sowie die Fachstellen von Kanton und Bund das ergänzte Projekt zur Vernehmlassung. Danach wird das Projekt mit einer Botschaft dem Kantonsrat überwiesen. Mit der öffentlichen Auflage des Gesamtprojekts ist frühestens 2026 zu rechnen.
Prüfauftrag 4: Breite der Thurwege
Im Rahmen der Mitwirkung zum Projekt Thursanierung Wattwil im Sommer 2023 haben verschiedene Seiten die geplante Verbreiterung der Thurwege als nicht notwendig beurteilt. Ebenso wurde angeregt, ausserhalb der Siedlungsgebiete Naturbeläge zu verwenden.
Bereits 2019 wurden in der Projektierung die rechtsufrige Wegbreite von 4.0 auf 3.5 Meter sowie der Gewässerrandstreifen reduziert. Nach dem Mitwirkungsverfahren hat der Lenkungsausschuss nun eine weitere Reduktion prüfen lassen.
Ausführlicher Projektbericht 2019 «Fuss- und Radverkehr Thurwege Wattwil» (PDF, 8.7 MB)
Zusammenfassendes Faktenblatt zum Prüfauftrag 4: «Breite der Thurwege» (PDF, 3.5 MB)
Ausgangslage
Der rechtsufrige Fuss- und Veloweg hat heute eine Breite zwischen 2.3 und 3.8 Meter. Der linksufrige Wanderweg hat eine Breite zwischen 1.8 und 2.8 Meter. In einer Analyse wurden neun lineare und fünf punktuelle Schwachstellen analysiert. Zwischen 2017 und 2021 kam es zu acht Unfällen mit Personenschäden. Gemäss Zählungen sind pro Tag zwischen 430 und 1‘400 Personen auf dem rechtsufrigen Weg unterwegs, rund die Hälfte davon auf dem Velo. Aufgrund von Siedlungsentwicklung, Bevölkerungszunahme und Mobilitätsveränderungen wird künftig mit noch höheren Frequenzen gerechnet.
Zahlreiche Interessen treffen aufeinander
Die Thurwege werden von einer grossen Vielfalt an Nutzergruppen beansprucht: Pendler/innen und Schüler/innen mit und ohne Velo, Familien, Jogger/innen, Spaziergänger/innen, Wanderer und Wanderinnen, Personen mit Beeinträchtigungen, Personen mit Hunden etc. Die Flächen der Grünzone entlang der Thur befinden sich im Grundeigentum der Anstösser. Der Gewässerrandstreifen erfüllt eine Vielzahl von ökologischen Funktionen für Flora und Fauna, die erhalten oder verbessert werden sollen.
Die Fachstelle Fuss- und Veloverkehr des Kantons St. Gallen würde eine Wegbreite von 4.0 Meter begrüssen; dies aufgrund des grossen zu erwarteten Aufkommens von Fuss- und Veloverkehr. Der Gemeinderat Wattwil hingegen schlägt eine Wegbreite von 3.3 Meter im Zentrum und 3.0 Meter im dezentralen übrigen Gebiet vor.
Erkenntnisse
Gemäss dem Gleichbehandlungsprinzip wurden im Projekt die «Lasten» gleichmässig auf die Anstösser verteilt. Alle betroffenen Parzellen innerhalb des Siedlungsgebiets können auch weiterhin bestimmungsgemäss und wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden. Nach der Abwägung der verschiedenen Interessen wurde entschieden, den Vorschlag des Gemeinderats mit einer rechtsufrigen Wegbreite von 3.3 Meter in die Planung aufzunehmen. Vorausschauend soll innerhalb des heutigen Siedlungsgebiets die Flexibilität für künftige Entwicklungen erhalten und gesichert werden.
Ziel ist, dass mit der Thursanierung ein sicherer und wertvoller Lebensraum für die nächsten Generationen geschaffen wird. Zukünftige Bedürfnisse an die Mobilität werden in der Planung berücksichtigt.
Mehr Details zum Prüfauftrag finden Sie im zusammenfassenden Faktenblatt zum Prüfauftrag 4: «Breite der Thurwege» (PDF, 3.5 MB).
Fazit des Prüfauftrags
Die Thurwege sollen nicht verbreitert, sondern nur vereinheitlicht werden. Der Gewässerrandstreifen soll nicht weiter reduziert werden.
Prüfauftrag 5: Kulturlandbedarf
Im Rahmen der Mitwirkung zum Projekt Thursanierung Wattwil haben Teile der Bevölkerung die Verhältnismässigkeit des Kulturlandbedarfs hinterfragt. Es wurde gefordert, den Flächenverlust für die produzierende Landwirtschaft zu reduzieren. Gleichzeitig gab es im Rahmen der Mitwirkung auch Rückmeldungen, die darauf hinwiesen, dass das Potenzial für eine ökologische Aufwertung noch besser ausgeschöpft werden soll.
In Abstimmung mit dem Lenkungsausschuss des Projekts hat der Kanton den Auftrag erteilt, die Verhältnismässigkeit des Kulturlandbedarfs extern überprüfen zu lassen.
Ausführlicher externer Prüfbericht «Kulturlandgutachten Thursanierung Wattwil» (PDF, 4.1 MB)
Zusammenfassendes Faktenblatt zum Prüfauftrag 5: «Kulturlandbedarf» (PDF, 8.6 MB)
So wurde der Bedarf an Kulturland überprüft
In einer Arbeitsgruppe wurde entschieden, das externe Fachgutachten von der Firma Agrofutura AG erstellen zu lassen. Die Firma hat ihre Kernkompetenzen an der Schnittstelle zwischen Landwirtschaft, Ökologie und Ökonomie. Für die Überprüfung der Verhältnismässigkeit hat das Projekt drei Prüfstufen durchlaufen:
- Erforderlichkeit: Setzt das Projekt die gesetzlichen Vorgaben um?
- Zweckmässigkeit: Werden alle Interessen ausgewogen berücksichtigt?
- Zumutbarkeit: Ist das Projekt für die einzelnen Betroffenen zumutbar?
Geplante Aufwertungen im Vergleich zum eigentlichen Entwicklungspotenzial und zur heutigen Nutzung der Thurebene.
1. Erforderlichkeit
Das Sanierungsprojekt ist in der geplanten Grösse erforderlich und ausreichend, um die gesetzlichen Anforderungen und Vorgaben zu erfüllen. Es gibt keine gleichwertigen Massnahmen, um die Grundanforderungen zu erfüllen.
2. Zweckmässigkeit
Das Sanierungsprojekt wird als verhältnismässig beurteilt. Das Projekt berücksichtigt die Interessen der Sicherheit, Umwelt und Landwirtschaft ausgewogen. Auch die ökologische Aufwertung im Abschnitt Umfahrungsstrasse ist – trotz dem Bedarf von 1.2 Hektaren Kulturland – verhältnismässig.
Als nicht verhältnismässig werden hingegen drei Massnahmen zugunsten der Freizeit beurteilt:
- Verbreiterung der Thurwege ausserhalb des Siedlungsgebiets
- Verlegung des rechtsufrigen Thurwegs im Abschnitt Schomatten auf die linke Seite der Allee (zum Fluss hin)
- Abflachung der rechtsseitigen Ufer im Abschnitt Schomatten auf das Verhältnis 1:5
3. Zumutbarkeit
Die Beurteilung der Zumutbarkeit wurde für die vier betroffenen Grundeigentümer sowie für die elf Bewirtschafter individuell und einzelbetrieblich anhand von Befragungen vorgenommen. Die Grundeigentümer sind gemäss Gutachten vom Sanierungsprojekt emotional, aber nicht existenziell betroffen.
Ein betroffener landwirtschaftlicher Betrieb ist als Härtefall zu bezeichnen. Die Analyse zeigt, dass dort aufgrund des Einkommensverlusts die Mittel für angemessene Ersatz- und Erweiterungs-Investitionen voraussichtlich nicht mehr ausreichen. Dieser Teil des Berichts wurde als vertraulich eingestuft.
Wie geht es weiter?
Die vorgeschlagenen lokalen Optimierungen in den Bereichen Schomatten und Rickenbach werden im Rahmen der geplanten fünften Projektergänzung umgesetzt, um den Landbedarf um weitere 0.3 Hektaren zu reduzieren.
Die Gespräche mit den Grundeigentümern und Bewirtschaftern werden fortgesetzt. Mit dem stark betroffenen landwirtschaftlichen Betrieb wird das Gespräch gesucht, um die künftige Einkommenssituation zu klären und nach Lösungen zu suchen.
Es ist weiterhin vorgesehen, die Pflegeaufträge für die Thurböschungen an lokale landwirtschaftliche Betriebe zu vergeben. Zusätzlich soll geprüft werden, ob eine freiwillige Umteilung von Pachtland zwischen stark betroffenen und weniger stark betroffenen Betrieben sinnvoll und möglich ist.
Mehr Details zum Prüfauftrag finden Sie im zusammenfassenden Faktenblatt zum Prüfauftrag 5: «Kulturlandbedarf» (PDF, 8.6 MB).
Fazit des Prüfauftrags
Das Projekt und damit der Kulturlandbedarf sind erforderlich, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Es berücksichtigt die Interessen punkto Sicherheit, Umwelt und Landwirtschaft ausgewogen.
Prüfauftrag 6: Kostenwirksamkeit
Dieser Prüfauftrag befindet sich noch in Erarbeitung. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden sie hier präsentiert.